Niederfinow holt sich in der Oberpfalz Tipps für das erste Treidelfest
Berching, 08. Juni 2024 – In Vorbereitung des ersten Treidelfestes in Niederfinow hat sich Jan Mönikes, Geschäftsführer des Tourismus an den Schiffshebewerken, nach Berching in die Oberpfalz begeben. Dort informierte er sich vor Ort über die historischen Treidelfahrten und holte sich wertvolle Tipps vom örtlichen Treidel-Profi Martin Deflorin. Denn am historischen Ludwigskanal wird bereits seit einigen Jahren die Tradition des Treidelns wieder gepflegt.
Erfahrungen aus Berching: Wertvolle Tipps für Niederfinow
In Berching traf Jan Mönikes auf Martin Deflorin, den Chef der Kutscher-Alm, der ihn mit den Feinheiten des Treidelns vertraut machte. Auf dem Ludwigskanal, der ab 1846 das Fluss-System des Rheins und Mains über die Schwäbische Rezat mit der zur Donau fließenden Altmühl verband, wurden auf 172 km bis zu 120 Tonnen schwere Kähne von Zugtieren getreidelt. Heute ist dort nur noch auf einem rund zweieinhalb Kilometer kurzen Teilstück bei Berching das Schiff „Alma Victoria“ im Einsatz. Der historische Kanal mit seinen ursprünglich 100 Schleusen ist seit 1950 nicht mehr für die Schifffahrt nutzbar. Martin Deflorin Chef des Traditionsbetriebs „Kutscher-Alm“ und sein zwei- und vierbeiniges Team bieten Gruppen und Einzeltouristen in den Sommermonaten die Möglichkeit, mit der Alma Victoria mitzufahren.
Treideln: Tradition und Technik
Das Treideln, bei dem Schiffe mittels Zugtieren entlang von Kanälen bewegt werden, hat eine lange Geschichte: Ursprünglich wurden Schiffe durch Menschen- oder Pferdekraft entlang der Treidelpfade von den Flussufern aus gezogen, um Waren zu transportieren. Diese Methode wurde genutzt, lange bevor moderne Maschinen und Motoren die Schifffahrt revolutionierten. Auch am über 400 Jahre alten Finowkanal, der heute der älteste noch schiffbare Kanal in Deutschland ist, war das Treideln bis ins 20 Jahrhundert noch gängige Praxis. Mit der Einweihung des „Hohenzollernkanals“ im Jahr 1914, der modernen Motor-Großgüterschifffahrt und vielen neuen Strecken für die Eisenbahn, verlor es jedoch überall in Deutschland schnell an Bedeutung.
In Berching, entlang des historischen Ludwig-Donau-Main-Kanals, können Besucher seit der Landesgartenschau 1996 heute regelmäßig Treidelfahrten erleben. Der Kanal, einst von König Ludwig I. von Bayern erbaut, führt durch eine idyllische Landschaft und bietet eine beeindruckende Kulisse mit alten Schleusenwärterhäuschen und moosüberwachsenen Schleusen aus Holz. Treideln trägt seit März 2024 den Status „Immaterielles Kulturerbe Bayern“.
Treidelfest in Niederfinow: Eine Zeitreise zu den Wurzeln der Binnenschifffahrt
Am 6. Juli 2024 soll in Niederfinow im Rahmen der Feiern zum 90. Geburtstag des Schiffshebewerks auch wieder Treideln live zu erleben sein: Das erste Treidelfest lädt ab 10:00 Uhr Besucher dazu ein, die Geschichte der Binnenschifffahrt auf eine sehr authentische Weise zu erleben. Gäste erwartet bis 17:00 Uhr ein reichhaltiges Programm an den Schiffshebewerken und entlang des Kanals. Besucher, die nicht mit einem der historischen Schiffe mitfahren wollen, können das Ereignis entlang der Kanalstrecke zu Fuß beobachten oder sich zwischen Atomill, Parkplatz Hebewerk und Lieper Schleuse von mehreren Kutschen fahren lassen. Eine hervorragende Gelegenheit, mehr über die vormaschinelle Ära der Schifffahrt zu erfahren, als die Stärke von Pferden und Maultieren noch eine zentrale Rolle im Transportwesen spielte.
Das Herzstück des Festes: Starke Mulis und historische Kähne
Highlight des Treidelfestes sind jedoch das Salonboot „Funtensee“, Baujahr 1919, und das Schiff „Concordia“, ein liebevoll nachgebauter „Kaffenkahn“ nach historischem Vorbild, der während des Festes von kräftigen Mulis gezogen werden. Dieses Schiff, dessen Original einst vor drei Jahrhunderten auf den Wasserwegen Brandenburgs unterwegs war, bietet den Besuchern eine seltene Gelegenheit, traditionelle Schifffahrt hautnah zu erleben. Die Rekonstruktion des historischen Schiffes gehört heute dem Ziegeleipark Mildenberg. Die beiden Schiffe werden von Enthusiasten des Vereins „Unser Finowkanal e.V.“ gesteuert, der sich für die Erhaltung des Finowkanals einsetzt.
Zwischen 11:00 und 16:00 Uhr soll die Concordia am Samstag, den 6.7., mehrfach zwischen der „Lieper Schleuse“, unweit des Parkplatzes beim alten Hebewerkes Hebewerks, oberhalb der Einmündung der Oder in den Finowkanal, bis zum Bollwerk am „Atomill“, nahe der Klappbrücke beim Bahnhof in Niederfinow, getreidelt werden. Anders, als in Berching kommen in Niederfinow allerdings keine süddeutschen Kaltblüter, sondern starke Maultiere zum Einsatz, die vom Kutschen-Meister und Muli-Züchter Achim Rensch aus Lychen geführt werden.
Technik-Geschichte wird lebendig
Das Treidelfest bietet eine einzigartige Gelegenheit, in die faszinierende Welt der Binnenschifffahrt einzutauchen und ein Stück lebendige Geschichte direkt am malerischen Finowkanal zu erleben. Für Essen und Trinken sorgen die örtlichen Vereine und die freiwilligen Feuerwehren. Zahlreiche Aussteller werben zudem für weitere Veranstaltungen und Sehenswürdigkeiten in der Region Finowkanal und der Brandenburgischen Seenplatte. So feiern z.B. die Flößer in Lychen vom 2. bis 4. August und in Finowfurt vom 12. bis 14. Juli 2024 ihre traditionellen Feste und lädt das Binnenschifffahrtsmuseum in Oderberg zu einer interessanten Ausstellung ein.
Das Treidelfest in Niederfinow ist mehr als nur eine historische Rekonstruktion; es ist ein Fest, das Alt und Jung zusammenbringen will, um gemeinsam zu lernen, Tradition zu feiern und die Faszination von Technik und Geschichte selbst zu erleben. Die Teilnahme am Treidelfest ist frei, lediglich der Eintritt auf die Schiffshebewerke, Führungen. Kutsch- und Schifffahrten sind kostenpflichtig.
Aktuelle Informationen zum Programm abrufbar unter: https://treidelfest.info
#Faszination Technik erleben!